Marie-Theres Kroetz Relin Muttern und das Nirvana (erschienen in "Die Aktuelle" Heft 9 am 22.02.04) Sie atmet tief ein, die Lider geschlossen, die Beine im Lotossitz verknotet. 20 Minuten Yoga braucht Muttern täglich, um dem Alltag gelassen ins Auge zusehen. Sie ist weit weg - einatmen- in einer Oase ihrer Seele. Tür auf: "Mama! Wo ist meine Uhr?" quietscht Girlie in die Stille. "Auf dem Kühlschrank." -ausatmen- Muttern in Trance. "Danke!" Tür zu. Kapalabhati - Reinigungsatmung. Muttern versucht erneut in der Meditation zu versinken. Leise wird die Türklinke gedrückt "Entschuldige dass ich störe, Liebling, weißt Du, wo ich meine Lesebrille habe?" haucht der Göttergatte. "Im Wohnzimmer, beim Zeitungsstapel," atmet Muttern aus. "Da ist sie nicht!" erwidert leise der Ehemann. "Doch. Unter der offenen Zeitung!" atmet Muttern ein. "Ach, da! Dankeschön. Sorry!" murmelt er. Tür leise zu. "Ich freue mich an meinem Atem, spüre die Luft durch meinen Körper strömen" hypnotisiert sich Muttern in Stimmung. Vor der Tür laute Töne: "Wo hast Du meine neue CD hin?" schreit Teenie ihre Schwester an. "Ich hab sie gar nicht!" verteidigt sich Girlie unter Tränen. "Streitet nicht, die CD liegt im Auto," ruft Muttern aus der Einsamkeit der Stille. Ein zweifacher Dank dringt durch die verschlossene Tür. "Es wären doch nur 20 Minuten Ruhe, die ich bräuchte!" denkt sie leicht genervt und konzentriert sich auf den Geruch des Räucherstäbchens. Einatmen. Zwei Augen und eine Nasenspitze schauen durchs Fenster. "Mama, wo ist mein Ball?" fragt der Sohn. "Unter dem Auto!" seufzt Muttern und steht auf "Wo bitte geht’s zum Nirvana?" Der Weg ist das Ziel, Muttern! |
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