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Marie Theres Kroetz Relin
Viva la Mamma!
(erschienen in "Die Aktuelle" Heft 17)


Kennen Sie diese Szene aus "Sissi"? Die österreichische Kaiserin alias Romy Schneider betritt den Marcus-Platz, aber das italienische Volk lehnt das Kaiserpaar ab und es herrscht eisiges Schweigen. Doch in diesem Moment reißt sich die kleine Kaiser-Tochter, die so lange von ihren Eltern getrennt war, los und rennt auf ihre Mutter zu, Mama Kaiserin vergisst die Etikette und läuft auch. Mutter und Kind finden sich in inniger Umarmung wieder- die Spannung steigt- das italienische Volk kann nicht anders und ruft begeistert "Viva la Mamma!".
Diese Szene beschreibt genau die Liebe als Tochter zu meiner Mama, wie auch die Liebe als Mutter zu meinen Kindern.
Erste letzte Woche ging es durch die Presse: Meine Mutter liegt im Krankenhaus. Am Karfreitag wurde sie dort eingeliefert, nachdem sie kaum mehr Luft bekommen hatte. Grund dafür war eine Lungenentzündung, ausgelöst durch einen Virus. Es war Ostern, als ich wirklich große Sorge um meine Mutter hatte. Ich bin sehr dankbar, dass ein Netzwerk von Menschen mir ermöglichte, im rechten Augenblick bei meiner Mutter zu sein (u.a. Joachim Hunold (Air Berlin) und Nicki Lauda (flyNiki) die mir innerhalb kürzester Zeit, einen Crewsitz-Flug organisierten, da alle Flüge ausgebucht waren), um eine Woche bei ihr zu sein und sie gesunden zu lassen. Wir waren alle bei ihr: mein Onkel Maximilian, mein Bruder Oliver und ich. Und meiner Mutter ging es sofort besser, jeden Tag ein Stückchen mehr. Seit vergangen Montag ist sie endlich wieder daheim.

Meine Mutter, Maria Schell (79), ist sie eine der wenigen deutschsprachigen Weltstars und eine hervorragende Schauspielerin: wer kann schon von sich behaupten mit Visconti, Gary Cooper, Yul Brynner und vielen anderen gearbeitet zu haben? Sicher nicht viele. Aber in Deutschland wurde Maria Schell von den Medien schnell in die Heile-Welt-Schublade gestopft und durfte nur noch das "Seelchen" spielen. Dabei hatte sich diese große Seele mit ihren Filmen in viele Herzen gespielt, hat durch ihre Schauspielkunst Freude geschenkt und geholfen, den grauen Alltag stundenweise zu vergessen.

Es ist nicht leicht, die Tochter eines Weltstar zu sein: ich erblickte das Licht der Welt als meine Mutter im zarten Alter von 40 Jahren war. Für mich stand schon als Kind fest: erst die Karriere, dann ein Baby. Mein Lebensplan sah eigentlich so aus: "Ein Baby kann ich erst mit 40 bekommen! Also ist dann meine Mami 80, wenn sie Oma wird!"
Dieser Gedanke rief in meinem kindlichen Hirn eine tiefe Besorgnis hervor, da ich ja zum größten Teil von meiner Großmutter erzogen wurde und diese durch ihre Erziehung mein künftiges Leben sehr beeinflusste.
Zwar positiv, aber ich wünschte mir, dass auch meine Kinder eine so tolle Großmutter haben würden, wenn ich, durch meine zukünftige Karriere zwangsläufig viel abwesend, meinen mütterlichen Busen nicht zur Verfügung stellen könnte.
Wohlgemerkt, meine Mutter war wirklich eine gute Mutter. Wenn sie da war. Meine Liebe zu ihr ist unendlich. Bis auf den heutigen Tag hasse ich das Abschiednehmen und der Trennungsschmerz sitzt mir lang in den Knochen. Das Parfum meiner Mutter bedeutete für mich Tränen, weil sie so oft weggefahren ist und zugleich tiefe Freude, wenn sie meist nachts wieder kam und ich es im Schlaf inhalierte. Ich habe es geliebt.

Mütter prägen uns tief und die Grundlage für unsere Existenz in unserer Gesellschaft ist die Arbeit der Frauen- weltweit. Wahrscheinlich habe ich mich auch aus diesem Grund sehr früh für meine Familie entschieden. Unterbewusst eiferte ich meinem Vorbild "Großmutter" nach, heirate wie sie einen Dichter, wurde im zarten Alter von 22 Jahren Mutter und tauschte meine Karriere gegen das Hausfrauen-Dasein aus. Meine Großmutter, genannt Omutti, war eine revolutionäre, moderne Frau die ständig für Zusammenhalt sorgte. Ihren Tod, 1995, hat meine Mutter nur schwer verkraftet. Mit dem Verlust von Omutti und nach ihrem so erfüllten Leben hat meine Mutter sich entschieden, in einer Art "Zwischenwelt", wie mein Onkel Maximilian es nennt, zu leben. Sie hat mir diese Welt als sehr schön beschrieben. "Wann fühlst du dich am wohlsten?" fragte ich sie vor Kurzem und ihre Antwort war "Immer wenn ich in mir ruhen kann." Und als ich gestern mit ihr telefonierte, war sie glücklich wieder daheim zu sein, in ihrem Zuhause. Wie beruhigend ist es für mich, dass wir alle, insbesondere mein Onkel und die liebevoll pflegenden Hände von Gusti und Gitti, meiner Mutter ermöglichen können, in ihrer eigenen Welt zu leben, dort wo sie sich wohl fühlt.

Eine lebende Legende ruht sich aus.
Viva la Mamma!



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