Marie Theres Kroetz Relin Muttern & die Sehnsucht Muttern schreibt in ihr Tagebuch: Verdammt. Warum musste ich jedem erzählen, dass ich Schluss mache? Jetzt muss ich zu meiner Entscheidung stehen und das alles aushalten. Aber wie? Ich weiß nur, dass ich „ohne“ das Leben einfach halb so lebenswert finde. Und „mit“, kann ich nicht weitermachen, denn daran gehe ich kaputt. Mein Kopf strebt nach Unabhängigkeit, ich will frei sein, aber in Wirklichkeit bin ich erbärmlich abhängig. Schon am frühen Morgen drehen meine Gedanken nur darum, wann, wie, und wo ich wieder eine Gelegenheit finde. Vielleicht sollte ich es heimlich tun? Nach dem Einkaufen zum Beispiel? Oh ja, ich stehle mir die Zeit für meinen Genuss. Meine Lippen sehnen sich so nach der zarten Umarmung, meine Nerven erwarten die Entspannung, meine Finger zittern und mein Herz klopft... der Gedanke allein hinterlässt einen freudigen Schauer. Diese zerstörerische Leidenschaft! Ich halte mich daran fest, obwohl es mich gleichzeitig erdrückt. Nein, ich sollte es nicht tun! Trotzdem, ich würde gerne weiter glühen, die Hitze spüren. Nervengift und Lähmung. Heimliches Ausatmen. Wie vertuschen? Bewaffnet mit Kaugummi und Parfum im Auto vielleicht? Quatsch. Meine Schwäche ist meine Stärke. Ich muss es schaffen, auch wenn es mich treibt! „Ich fordere die Freiheit mit Gebrüll“, schrieb einmal Camille Claudel. Und Recht hat sie! Muttern schließt das Tagebuch und brüllt durchs Haus: „Hat jemand meinen Nikotinkaugummi gesehen?“ Leise weint der Aschenbecher an seinem verwaisten Platz. Doch der Wille ist stärker als die Sehnsucht. Halt durch, Muttern! |
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