Marie-Theres Kroetz Relin Muttern und das Eigentor (erschienen in "Die Aktuelle" Heft 45 am 30.10.04) "Die Massenhysterie um 22 Fußballerbeine hab ich noch nie verstanden!" motzt Muttern leise vor sich hin "Die laufen alle immer nur hinter einem Ball her!" Ein Raunen geht durchs Publikum. "Und diese Vereinsmeierei! Alle im gleichen Outfit: Mützchen hier und Schal dort und tütüt mit der Hupe!" Foul! Die Menge tobt. "Gut, im Stadion hat so ein Spiel wenigstens noch Live-Charakter. Da wedeln neben den Fahnen auch die Emotionen hin und her. Aber echt ätzend finde ich die "Fußballprofis" vor der Glotze: Fernbedienung in der einen, Bier in der anderen Hand, Bauch in der Mitte und viel Gegröhle. Aber bloß keinen Schritt zu Fuß gehen! Gut, ich schau ja auch ab und zu. Als Griechenland Europameister wurde, das war schön. Weil sich die Griechen so gefreut haben" Das Publikum feuert an, jault auf, dann ein enttäuschtes "Oh". "Im Kollektiv ein Spiel zu verfolgen hat ja schon was Fanatisches! Wenn dann noch so ein paar Hooligans einen in der Krone haben, kann ich mir gut vorstellen, dass Gewalt angesagt ist." Mutterns Blick folgt dem Ball. "Schrecklich! Diesen Typen kann man nicht mal zurufen: Hey, das ist doch alles nur ein Spiel! Sonst biste nämlich tot, wenn Du Pech hast." Ihr Gesicht wirkt angespannt. "Dabei ist Fußball eine alte Kultur: Die älteste Überlieferung stammt aus dem China des 2. Jahrtausend v. Chr." Plötzlich springt Muttern auf, reißt die Arme in die Höhe und schreit: "Tooooor! Ja, MEIN Sohn hat ein Tor geschossen!" Freudentränen schießen ihr in die Augen und ihr Herz hüpft. 1:0 für Sohnemann und ein Eigentor für Muttern! |
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