Wolfgang Höhn Ode an den Augenblick Wissen Sie, manchmal ist es angebracht, der Welt um sich herum einen kleinen Arschtritt zu versetzen, ein paar Schmerzen zuzufügen, nur um irgend etwas wach zu rütteln, von dem man nicht einmal weiß, ob es Sinn hat. Es ist nur dieses Zeichen etwas zu tun gegen Einsamkeit. Selbstverständlich kennt man die Schwierigkeit, missverstanden zu werden, bei dem gezielten Versuch Mitgefühl erwecken zu wollen, indem man Wörter wie "Arschtritt" oder "Zeichen" oder "Einsamkeit" benutzt, aber genau deswegen verwendet man sie doch, nicht wahr? Stilmittel. Es geht darum aufzuwachen, für einen kleinen Moment in einer Welt, in der kleine Momente immer seltener werden, und zwar genau die kleinen Momente der großen Welt, die einem die Größe lebenswert zu machen versuchen, also reden Sie sich nicht damit heraus, dass Sie anfangen, die Goldwaage zu bemühen, ich spreche nur eine Sprache, die verstanden werden will, nichts weiter. Was ich sagen will ist, warum fängt man in Augenblicken des Wie-auch-immer an nachzudenken über eine Sache? Es muss doch etwas geschehen sein, dass einen heraus hebt aus dem, was einem sonst widerfährt. Sollte man das nicht schnell festhalten und umarmen und ausdrücken bis auf den letzten Kern, das letzte Stückchen Fruchtfleisch, den ultimativen Tropfen Sinnlichkeit, damit man eine Situation nutzt, von der man weiß, dass sie sich in dieser Konstellation so rasch nicht wieder präsentiert? Es geht um das eigene Wohlbefinden, also was soll daran schlecht sein? Es geht um den Blick nach oben, in Sphären der Unbegreiflichkeit, kennt niemand dieses Gefühl? Lächerlichkeit erscheint im nächsten Schritt, gleich, in welche Richtung er geht. Lächerlichkeit und Seelenfremdheit, man entfernt sich von sich selbst und berührt tiefste Zonen der Vergessenheit. Aber wozu? Man weiß doch um die Beschränktheit solchen Denkens, man hat Erfahrung gesammelt, eine ganze Kommode voll, Schublade für Schublade, die einen bewahren sollten vor genau diesem eskalierenden Gedankengut. Nichts ist gut, gar nichts. Der Reichtum schwindet mit jeder weiteren Münze. An einer Stelle dieser Episode erscheint ein vakanter Platz, der diese Variable offeriert. Es ist nicht der deus ex machina oft erzählter Geschichten, nicht der weiße Ritter, der (sch)mut(z)ige Held, der edle Gefolgsmann. Es ist das Leben in einem selbst, die Wahrheit der Verlassenheit, die sich aus einem Augenaufschlag herausschält und einem zuzwinkert: Vergiss nicht da zu sein für mich, die Versuchung. Der Schmutz des Tages ist nichts gegen mich. Also nimm mich. Ich bin einzigartig und werde nicht wiederholt. Ich bin jetzt da und dann wieder fort. Überlege nicht, handle nicht, treibe! Hoffe nicht, dass ich ein Gedicht daraus stilisiere, glaube nicht an den Engel der Rettung, der dich erhöht, um dich zu erniedrigen, und vor allem: liebe nicht, was du aufgehört hast zu denken. Dann versetzt man der Welt einen Arschtritt, um sich gut zu fühlen und entschuldigt sich hinterher, und das ist falsch. Es ist nicht der Tritt, der inkorrekt ist, auch nicht die Entschuldigung, die sich erübrigt, es ist die Überlegung, etwas tun zu können, das einen ausliefert. Schnitt. Stellen Sie sich vor, Sie sind das Paket, das ankommen will. Sie sind kantig, haben Gewicht und, das entscheidenden Attribut: Sie sind hilflos, Sie müssen sich auf den Zusteller verlassen. Auf das Lächeln des Empfängers. Auf die Organisation, die eine solche Fracht ermöglicht. Es ist, um Gottes Willen, nicht ihr Werk, einzigartig zu sein, es ist auch nicht Ihr Verdienst, das es gut geht, aber es könnte Ihre Schuld sein, dass es daneben gegangen ist. Falsches Etikett, falsche Wortwahl, falscher Empfänger, es gibt viele Möglichkeiten, unadressiert in die eigene Seelenarmut zurück zu kehren. Packen Sie den Augenblick und lächeln Sie ihn an. Zeigen Sie Ihre Zähne, es ist nur das Symbol des Zubeißens, niemand wird verlangen, das Sie ein Stahlseil durchtrennen. Fangen Sie an, Ihren Blick zu beschweren. Ihre Augen müssen das Gewicht Ihres Anliegens interpretieren, sie dürfen nicht spiegeln, sie müssen blenden. Schultern Sie den einen Arm, als wollten Sie einen Freund herzen, benutzen Sie den anderen um den Weg zu zeigen, mehr als zwei Arme haben Sie nicht, so leid es mir tut. Gehen Sie jetzt, es ist Ihr Weg. Wissen Sie, manchmal ist es angebracht, der Welt um sich herum einen kleinen Arschtritt zu versetzen, ein paar Schmerzen zuzufügen, nur um irgend etwas wach zu rütteln, von dem man nicht einmal weiß, ob es Sinn hat. Es ist nur dieses Zeichen etwas zu tun gegen Einsamkeit. Selbstverständlich kennt man die Schwierigkeit, missverstanden zu werden, bei dem gezielten Versuch Mitgefühl erwecken zu wollen, indem man Wörter wie "Arschtritt" oder "Zeichen" oder "Einsamkeit" benutzt, aber genau deswegen verwendet man sie doch, nicht wahr? Stilmittel. Es geht darum aufzuwachen, für einen kleinen Moment in einer Welt, in der kleine Momente immer seltener werden, und zwar genau die kleinen Momente der großen Welt, die einem die Größe lebenswert zu machen versuchen, also reden Sie sich nicht damit heraus, dass Sie anfangen, die Goldwaage zu bemühen, ich spreche nur eine Sprache, die verstanden werden will, nichts weiter. Mit freundlicher Genehmigung von Wolgang Hoehn. Weitere Infos und Kolumnen: www.montagskolumne.de |
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