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Die Neuen Väter

Interview mit Wolfgang Hoehn von Elena Rudolph erschienen in WOMAN
am 21.9.2004 Heft NR. 21
(bei uns das Original-Interview)

Wolfgang Hoehn, 43, aus Freising bei München, ist hauptberuflich "Vater"

Wolfgang Hoehn, 43, ist seit fünf Jahren "Hausmann" und -vor allem- hauptberuflich "Vater".
Weil seine Frau, Daniela, 34, als Lehrerin den krisensichereren und besser bezahlten Job hatte, entschloss sich das Ehepaar, dass Wolfgang, der zuletzt als Luftfrachtfahrer am Münchner Flughafen gearbeitet hatte, den "Kinderpart" übernehme würde, sobald ihr gemeinsamer Sohn, Noah, heute 6, abgestillt worden sei. "Natürlich hätten wir Noah theoretisch auch in eine Krippe geben können", sagt Wolfgang Hoehn, aber wir wollten auf keinen Fall Feierabend- und Wochenend-Eltern sein." Solange es aus finanziellen Gründen nicht unbedingt erforderlich ist, finden Daniela und Wolfgang Hoehn, sollten Eltern ihre Kinder lieber selbst großziehen. Natürlich musste die kleine Familie deshalb finanzielle Einbussen hinnehmen. Ein Gehalt weniger machte sich im Hause Hoehn natürlich bemerkbar. Bereut haben sie ihren Entschluss trotzdem nie:
"Wir sind ziemlich genügsam. Wir müssen nicht unbedingt jedes Jahr zu dritt in den Urlaub fahren. Dass Noah zu Hause ist, zu Hause sein kann, ist uns viel wichtiger als vieles andere. Eine Fremdbetreuung kam für uns insofern nie in Frage."
Im Großen und Ganzen genießt Wolfgang Hoehn es sehr, seinem Sohn so nahe zu sein. Täglich mit ihm Zeit verbringen zu dürfen, für ihn da sein zu können. "Natürlich ist die Kinderaufzucht aber auch manchmal nervig", gibt der 43-Jährige gerne zu und lacht. "Zum Beispiel wenn man müde ist. Oder wenn man ein bisschen Zeit und Ruhe für sich selbst bräuchte." Dafür hätten Kinder schließlich sehr wenig bis gar kein Verständnis. Dann aber, erzählt er, denke er immer daran, dass er sich schließlich aus freien Stücken für seine so tragende Vater-Rolle entschieden habe. Dass er, anders als sein eigener Vater, ja ganz bewusst so viel Zeit mit seinem Kind verbringen will. Dass er ja gern so lebt, wie er lebt. "Und dann bin ich gleich schon viel weniger genervt."
Noah und Wolfgang haben enorm viel Spaß miteinander. Das fängt schon morgens an, wenn die beiden vor dem Frühstück extra ein wenig zu früh aufwachen, damit sie vor dem Kindergarten noch Zeit haben, im Bett zu toben, miteinander zu kuscheln oder sich Geschichten und Witze zu erzählen. Aber auch, wenn Noah gegen 11.30 Uhr aus dem Kindergarten kam - oder jetzt, ab September, aus der Schule kommen wird - ist jeder Tag für sie ein großes, lustiges Abenteuer. Dann geht’s mit dem Fahrrad auf Entdeckungstour durch die Stadt, auf den Kinderspielplatz, ins Hallenbad oder die beiden schnappen sich Noahs riesigen Lego-Fundus und bauen gemeinsam den "Hoggwarts-Express" von Harry Potter oder andere komplizierte Fantasie-Fahrzeuge oder
-Maschinen nach. "Langweilig wird uns jedenfalls nie", versichert Wolfgang Hoehn.
Obwohl: "Als Noah noch in den Kindergarten ging und ich mich ihm zuliebe oft mit anderen Kindergarten-Müttern zu einem dieser schrecklichen Nachmittags-Kaffeekränzchen treffen musste, dass war schon ziemlich grenzwertig…", sagt er. "Die Gespräche drehten sich eigentlich immer nur um Kinder, Kuchenrezepte, Kleinkram. Das war ein ziemlicher Alptraum." Allerdings sei das vor dem Umzug der Familie nach Freising gewesen: "Da wohnten wir noch in Niederbayern. Wissen Sie, Niederbayern ist provinziell, die Menschen dort sind etwas einfacher gestrickt, da plätschert das Leben. Mir sind rauschende Wasser lieber…", erzählt Wolfgang Hoehn.
Verläuft das Leben als Fulltime-Vater so, wie er sich das vorher vorgestellt hat? Ist es anstrengender oder weniger anstrengend, als er dachte? "Dazu kann ich kaum etwas sagen. Ich konnte mir wenig vorstellen, weil ich ja nicht genau wusste, was genau auf mich zukommen würde." Fest stehe aber, dass Noah viele seiner Einstellungen zum Leben, seine Ansichten "korrigiert" habe. Und: "Ich bin geduldiger geworden. Ich habe gelernt, meine eigenen Ansprüche zurückzustellen. Meine innere Zufriedenheit hat eine Glücksquelle mehr bekommen: meinen Sohn." Durch Noah habe er aber auch die Unrast in seinem Leben beenden können. Einen Sinn im Leben gefunden, nach dem er lange gesucht habe.
Schief angeguckt werde er nicht, wenn er am helllichten Tag mit seinem Sohn umherstreife, anstatt wie die meisten anderen Väter regelmäßig berufstätig zu sein. "Dass Väter sich um ihre Kinder kümmern ist inzwischen ja gang und gäbe", meint er, "die Mitmenschen akzeptieren das. Ein Typ mit grünen Haaren ist inzwischen sicherlich ein größerer Hingucker, als ein Hausmann."

Erfreulich sei außerdem, dass man als Mann offenbar im Ansehen der meisten Frauen steige, wenn man Elternzeit nimmt: "Ich denke nicht, dass Frauen nicht auch Männern zutrauen, sich um Haushalt wie Kinder sorgen zu können. Wir sollten endlich aus den Schubladen herauskriechen, in die man uns steckt."
Anderen Vätern, solchen, die in der Regel wenig Zeit mit ihren Kindern verbringen oder verbringen können, rät Wolfgang Hoehn, dass sie die Rolle, die sie im Leben ihrer Kinder spielen, zu überdenken. "Es gibt für Kinder nichts Wichtigeres als ihre Eltern. Eine Mutter allein reicht Kindern nicht. Ein Kind sollte auch immer das Gefühl haben können, dass es einen Vater hat, der gerne Zeit mit ihm verbringt. Zeit ist das kostbarste Gut, das wir haben. Warum sollten wir es dann nicht dem Kostbarsten schenken, das wir haben?"

Mit freundlicher Genehmigung von Elena Rudolph, Redakteurin bei Woman


Weitere Infos und Kolumnen von Wolfgang Hoehn:
www.montagskolumne.de