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Gudrun Schilken

Böse. Böse. Böse.


Böse. Böse. Böse. Sie war böse. Ständig wurde genörgelt und gegängelt. Das Essen sei einfallslos. Aber heute würde sie sich rächen. Mittagessen. In Gedanken rieb sie sich die Hände. Sie schaute in den Spiegel und versuchte fies zu gucken. Wie ging das? Sie war immer ein liebes Mädchen gewesen, deshalb war sie ja auch im Hausfrauenhimmel gelandet, statt in der lustigen Arbeitshölle. Laut brüllen würde sie gern mal. Mit der Faust auf den Tisch hauen. Wie starke Männer das machen. Sich aufplustern wie ein dicker böser Spatz. Aber da war das Problem: Sie würde nicht ernster genommen werden als ein dicker böser Spatz von einer großen, hungrigen Katze. Apropos Katze. Das Katzenfutter! Das benötigte sie doch für ihr Menu! Sie kramte die teure goldene Packung mit dem Katzenmenu aus dem Kühlschrank und öffnete sie. So appetitlich wie die elegante Dame in der Werbung glauben machen wollte, roch das aber ganz und gar nicht. Nun denn. Sie verteilte das Katzenfutter gerecht auf drei Teller und garnierte das Ganze mit einem Petersilienzweiglein. Hmm, lecker!

Dann ging sie zum Gartenteich und fischte mit dem Kescher zwei arme, dicke Goldfische heraus. Kurz und schmerzlos schmiss sie die bemitleidenswerten, zappelnden Viecher gegen die Hauswand. Es machte „Klatsch“ und tot waren sie. Nun hatte sie ein Problem. Wie nimmt man Fische aus? Ach was, sie würde sie einfach so in die Pfanne schmeißen. Dann bekäme jeder ein Stück frischen Fisch. Wahrlich frischen Fisch!

Sie trug ihres Wahnsinns fette Beute ins Haus und summte dabei fröhlich den Trauermarsch von xxx.

Vorspeise Katzenfutter, Hauptspeise Goldfische mit was? Sie entschied sich für Reis.

Nachspeise gab es bei ihr nie.

Die Fische schauten sie in der Pfanne doch etwas vorwurfsvoll an mit ihren leblosen Glubschaugen. Aber sie brutzelte sie mitleidslos weiter. Es roch nicht schlecht. Vielleicht waren Goldfische ja auch eine Delikatesse in China.

Die Katze strich hungrig um ihre Beine. Katze als Futter???? Sollte sie die Katze vielleicht auch...? Oder den Hund??? Der kläffte eh nur und sie war die einzige, die mit ihm Gassi ging. Die Tiere waren mit dem hochheiligen Versprechen ihrer Kinder angeschafft worden, sich auch immer darum zu kümmern. Und nun fuhr sie zum Tierarzt, kaufte das Futter, verpflegte und pflegte die Tiere, sorgte für Auslauf und Unterkunft während der Ferien. Es waren ihre Tiere geworden, die sie nie hatte haben wollen. Lästige Gesellen, wie all die anderen Familienmitglieder, die auf ihrem Ich herumtrampelten.

Sie griff nach einem Messer aus dem Messerblock. Nein, das war zu klein. Sie nahm ein anderes zur Hand. Das war nicht scharf genug. Sie wetzte es sorgfältig. Und dann rief sie die Katze: „Miez miez miez....“ Die Katze ahnte, dass man ihr an eines ihrer sieben Leben wollte und suchte flugs das Weite auf dem Küchenschrank in der hintersten Ecke.

Die böse Frau war im Blutrausch und sie suchte den Hund. Der war nicht in seinem Körbchen, wo er um diese Zeit zu ruhen und auf die Zubereitung des Mittagessens zu warten pflegte. „Bello!“ rief sie hinterlistig freundlich. Aber er schien von der Katze informiert worden zu sein und war unauffindbar.

Die inzwischen zum Monster mutierte Böse rannte mit wehenden Haaren schreiend und keifend durchs Haus. Die Goldfische verströmten einen ekelerregenden, verbrannten Geruch. Die Katze fauchte, der Hund bellte. Da klingelte es lang und ausdauernd.

„Aufstehen, Liebling! Der Wecker läutet und läutet schon eine ganze Weile, aber du bist nicht wachzukriegen. Hast du etwas so Schönes geträumt?“ Die böse Frau schaute irritiert in das sabbernde Hundegesicht neben ihrem Bett. Bello wedelte zur morgendlichen Begrüßung fröhlich mit dem Schwanz. Die Katze streckte sich genüsslich aus sicherer Entfernung in der Schlafzimmertür. Ihr Mann tätschelte ihr mit einem „Guten Morgen“ die Wange.

Ziemlich benommen torkelte sie ins Bad und versuchte sich zu sortieren. Sie konnte sich an nichts mehr erinnern, es war nur ein seltsames Gefühl in ihr.

Wie jeden Tag deckte sie den Frühstückstisch, versorgte ihre Familie. Die Kinder zogen auf die letzte Minute los und vergaßen wie immer ihre Frühstücksbrote, die die Mutter nach bestmöglichen Erkenntnissen der Ernährungswissenschaften liebevoll zubereitet hatte.

Dann verabschiedete die Frau ihren Mann an der Haustür. „Und heute kochst du uns mal ganz was Besonderes, nicht wahr? Ich komme heute zum Mittagessen nach Hause“ sagte dieser mit erwartungsvoll leuchtenden Augen.