Gudrun Wiederbelebungsmaßnahme Oma war da. Sie konnte beruhigt gehen. Schon am Tag zuvor hatte sie sorgsam den kleinen Koffer gepackt. Ein kleines champagnerfarbenes, transparentes Nichts zum Schlafen! Das hatte sie sich bei H & M gegönnt. Dazu Reizwäsche aus dem Sonderangebot. Und die hochhackigen Pumps, die sie sich sonst nie zu tragen getraute, sie aber todschick fand. Ob sie darin würde laufen können, war auch noch fraglich. Aber sie würde eh nur damit durchs Hotelzimmer spazieren. Dazu packte sie ihre beste Jeans und zwei flotte T-Shirts. In ihrer Kulturtasche befand sich unter anderem eine Flasche vom allerfeinsten Parfum und ein verwegen roter Lippenstift. Alles Dinge, die sie in ihrem Hausfrauenalltag selten bis nie benutzte. Warum eigentlich nicht? Mit dem kleinen Koffer in der Hand schloß sie leise die Haustür. Die anderen schliefen noch. Sie hatte sich vorsorglich schon gestern abend verabschiedet. Maik und Tom waren froh, mit Oma allein zu sein. Sie würden eine Menge mehr essen, fernsehen und toben dürfen. Aber das ist das Privileg der Großeltern, nicht mehr erziehen zu müssen. Sie freute sich schon aufs Großmuttersein. Sie stieg in ihr kleines Auto und glaubte schon den Duft der Freiheit zu riechen, es roch nach Urlaub - Alkohol und Olivenöl. Aber nein, es war nur das Gemüffel des Altglases, das sie schon eine Weile mit sich herumfuhr. Auf dem Weg zum Flughafen hielt sie daher noch kurz am Altglascontainer, um die Tüte mit dem Glas zu entsorgen. Dabei erwischte sie prompt die schmierige Olivenölflasche und hatte nun ölige Finger. Kurzerhand wischte sie das Öl an ihrem Hals ab - soll ja gut für die Haut sein - und setzte sich nun mit weniger glitschigen Fingern wieder an das Steuer ihres Wagens. Ein wenig ranzig riechend sauste sie zum Flughafen. Der war nicht weit entfernt, aber sie war noch nie allein geflogen. Daher befiel sie doch eine gewisse Nervosität. Bisher war sie immer von ihrem Mann geführt worden, wohin auch immer. Und sie trottete immer brav hinterher. Oma war da. Sie konnte beruhigt gehen. Schon am Tag zuvor hatte sie sorgsam den kleinen Koffer gepackt. Ein kleines champagnerfarbenes, transparentes Nichts zum Schlafen! Das hatte sie sich bei H & M gegönnt. Dazu Reizwäsche aus dem Sonderangebot. Und die hochhackigen Pumps, die sie sich sonst nie zu tragen getraute, sie aber todschick fand. Ob sie darin würde laufen können, war auch noch fraglich. Aber sie würde eh nur damit durchs Hotelzimmer spazieren. Dazu packte sie ihre beste Jeans und zwei flotte T-Shirts. In ihrer Kulturtasche befand sich unter anderem eine Flasche vom allerfeinsten Parfum und ein verwegen roter Lippenstift. Alles Dinge, die sie in ihrem Hausfrauenalltag selten bis nie benutzte. Warum eigentlich nicht? Mit dem kleinen Koffer in der Hand schloß sie leise die Haustür. Die anderen schliefen noch. Sie hatte sich vorsorglich schon gestern abend verabschiedet. Maik und Tom waren froh, mit Oma allein zu sein. Sie würden eine Menge mehr essen, fernsehen und toben dürfen. Aber das ist das Privileg der Großeltern, nicht mehr erziehen zu müssen. Sie freute sich schon aufs Großmuttersein. Sie stieg in ihr kleines Auto und glaubte schon den Duft der Freiheit zu riechen, es roch nach Urlaub - Alkohol und Olivenöl. Aber nein, es war nur das Gemüffel des Altglases, das sie schon eine Weile mit sich herumfuhr. Auf dem Weg zum Flughafen hielt sie daher noch kurz am Altglascontainer, um die Tüte mit dem Glas zu entsorgen. Dabei erwischte sie prompt die schmierige Olivenölflasche und hatte nun ölige Finger. Kurzerhand wischte sie das Öl an ihrem Hals ab - soll ja gut für die Haut sein - und setzte sich nun mit weniger glitschigen Fingern wieder an das Steuer ihres Wagens. Ein wenig ranzig riechend sauste sie zum Flughafen. Der war nicht weit entfernt, aber sie war noch nie allein geflogen. Daher befiel sie doch eine gewisse Nervosität. Bisher war sie immer von ihrem Mann geführt worden, wohin auch immer. Und sie trottete immer brav hinterher. Nachdem sie auf dem kostenlosen Flughafenparkplatz ihr Auto abgestellt hatte, mußte sie noch ein gutes Stück laufen. Das war der Preis des Parkplatzes. Als sie ein wenig außer Atem das Abfluggebäude betrat, checkte sie verhältnismäßig lässig - was auch immer das bedeuten mag - ein und setzte sich in den Warteraum. Jetzt eine Zigarette. Sie hatte schon seit Jahren nicht mehr geraucht. Bei der ersten Schwangerschaft hatte sie dieses Laster - wie so viele andere auch, ich meine Laster - aufgegeben. Aber heute war ihr danach, eine zu rauchen. Sie fühlte sich verwegen und irgendwie leicht. Deshalb ging sie zum Zigarettenautomaten, um sich ein Päckchen ihrer ehemaligen Lieblingsmarke zu ziehen. Drei Euro! Nee, das war ihr denn doch zuviel. Dafür konnte sie ja eine Mahlzeit - okay, eine preiswerte - für ihre Kinder zubereiten. Und so viel Geld einfach in die Luft pusten! Nee, da gönnte sie sich dann doch lieber ein Glas Sekt. Obwohl, ein Glas Sekt hier so allein auf dem Flughafen? Irgendwie blöd. Sie schaute um sich. Überall saßen Businessmen - keine einzige Frau - , meist in die Tageszeitung vertieft oder mit ihrem Laptop beschäftigt. Einige telefonierten eifrig gestikulierend. Es war eine ganz besondere Atmosphäre so früh morgens als Hausfrau auf dem Flughafen. Sie holte sich eine Tasse Kaffee und ein Brötchen. Das war okay. Der Kaffee schmeckte zwar entsetzlich, aber das Brötchen war köstlich. Sie wurde locker, las auch in einer der ausgelegten Tageszeitungen und fühlte sich ein bißchen dazugehörig. Ein bißchen. Sie durfte heute einmal mitspielen. Der Flug wurde aufgerufen, boarding time. Lässig schlenderten die Geschäftsleute zum Ausgang, um das Flugzeug zu erreichen. Sie versuchte es ebenso lässig, stolperte jedoch dann dummerweise beim Betreten des Flugzeugs genau in die Arme des Stewards. Der war schon am frühen Morgen gut gelaunt und fing sie charmant lächelnd auf. Er hatte sie tatsächlich als Frau wahrgenommen. Sie war ein bißchen irritiert, so etwas war sie nicht mehr gewöhnt. Aber das war schließlich ein Ziel ihrer Reise, sie wollte sich ein wenig wiederfinden, sich als Frau. Sie wollte sich wieder spüren. Mit jeder Faser ihres Körpers. Allein beim Gedanken daran kribbelte es herrlich in ihrem Bauch. Und zugegebenermaßen auch noch an anderen Stellen. Im Flugzeug saß sie am Fenster. Die Maschine war nicht voll. Sie hatte keinen Sitznachbarn neben sich. So breitete sie sich genüßlich aus und schmökerte den Flug über in Modezeitschriften, ließ sich vom äußerst aufmerksamen niedlichen jungen Steward verwöhnen - mit Getränken. Und fühlte sich wieder herrlich verwegen und leicht. Leider flog sie nur etwas über eine Stunde. Es war ja nur eine Großstadt in Deutschland, in der sie ihr Rendezvous hatte. Beim Landeanflug schaute sie hinunter auf das Großstadtgewimmel. Es schien ihr vielversprechend. Hier pulsierte das Leben, hier war was los. So ganz anders als in ihrem verträumten Dorf, in dem sie lebte. Ob die Kinder wohl jetzt aufgestanden waren? Ende. Diese Gedanken an ihre Familie wollte sie sich jetzt verbieten. Aber wie immer, wenn man krampfhaft versucht an eine bestimmte Sache nicht zu denken, gingen ihr die Kinder nicht mehr aus dem Kopf. Was wäre, wenn das Flugzeug nun abstürzen würde? Was wäre, wenn die Kinder nun plötzlich Fieber bekämen? Würde Oma an den Kindergeburtstag denken, zu dem sie Maik bringen sollte? Zum Glück wies der Steward sie darauf hin, sich anzuschnallen. Sein bezaubernder Blick aus dunklen Augen riß sie aus ihren Gedanken und brachte sie wieder dorthin, wo sie hin wollte. Zu sich selbst. Als das Flugzeug gelandet war, stieg sie aus, nahm ihr Gepäck in Empfang und ging zum Taxistand. Auch das war für sie lange her, eine Taxifahrt. Sie konnte sich gar nicht mehr erinnern, wann sie zuletzt Taxi gefahren war. Ein fröhlicher türkischer Taxifahrer mit allerlei Gebommel und Gebetskette im Auto fuhr sie in das Luxushotel. Sie unterhielten sich übers Wetter und sehnten sich gemeinsam nach Urlaub in der Türkei und verstanden sich gut. Beim Aussteigen verabschiedeten sie sich wie Freunde. Sie bezahlte und ging fröhlich winkend auf das feudale Hotel zu. Was sollte sie hier? Hier gehörte sie doch gar nicht hin. Doch, hier gehörte sie hin. Für einen Tag und eine Nacht. Unsicher ging sie zur Rezeption und meldete sich an. Ihr Zimmer war noch nicht frei. Sie möge sich noch ein wenig gedulden, vielleicht ein zweites Frühstück einnehmen. Sie bestellte sich einen Latte Macchiato, weil es so einen Spaß machte, L a t t e M a k k i a t o zu sagen. Das fand sie ungemein chic. Obwohl C a p u t s c h i n o sagte sie eigentlich auch ganz gern. Hach, wie ging es ihr gut. Gleich würde sie in ihrem Zimmer sein, ihre Sachen auspacken und sich es einfach gutgehen lassen. Vielleicht ein wenig im Hotelpool baden und Wellness genießen. Sie war eine attraktive Frau. Auch wenn sie das eigentlich vergessen hatte. Aber als sie hinter dem Hotelpagen, der sie zu ihrem Zimmer begleitete, herging, bemerkte sie doch, daß einige Herren ihr hinterherschauten. Angenehmes Gefühl. Sehr angenehm. Mehr davon! Der Page schloß die Tür auf, trug den Koffer in ihr Zimmer und verabschiedete sich mit "Angenehmen Aufenthalt wünsche ich ihnen". Dann war er schon weg. Oh, sie hätte ihm ein Trinkgeld geben müssen. Sie hatte das schon oft im Fernsehen gesehen. Ihr Zimmer war in mediterranem Stil eingerichtet. Terrakottafarben gestrichene Wände, edle Vorhänge in passenden Farben. Helle, freundliche, geschmackvolle Möbel und ein riesengroßes einladendes Bett. Die Bettwäsche war edel und gebügelt. Ein Luxus, den es zu Hause nicht gab. Die Bettwäsche kam in die Waschmaschine, wurde getrocknet und dann wieder aufgezogen. Hier nun seidig glänzende Wäsche, ohne ein Fältchen in Farben, die an Urlaub erinnerten. Sie beschloß ein Bad zu nehmen. Es war ein Marmorbad vom allerfeinsten. Ein verschwenderischer Kristallspiegel thronte über dem Waschbecken. Ein flauschiger weißer Bademantel lag bereit und wartete darauf, daß sich jemand in ihn kuschelte. Ganz zart duftete es nach Rosen. Das Wasser plätscherte fröhlich in die Badewanne und sie planschte genauso fröhlich kurze Zeit später darin herum. Schön, daß das Hotel so edle Badezusätze zur Verfügung stellte. Sie wäre nie bereit, so viel Geld für ein Badeöl auszugeben. Da spendierte sie ihren Kindern viel lieber ein Eis für das Geld. Sie entspannte sich in dem wohlig warmen Wasser und ließ immer wieder neues zulaufen. Ihr konnte das Wasser nie heiß genug sein. Nachdem sie schon ziemlich aufgeweicht war, entstieg sie der Wanne, trocknete sich ab und salbte ihren Körper mit Körperlotion. Zu diesem Duft paßte aber nun gar nicht der Duft ihres Parfums, das sie sich extra für diesen Anlaß gekauft hatte. Wie spät war es eigentlich? Wann kam er denn nun endlich? Umhüllt von dem dicken Frottier des Bademantels tapste sie auf nackten Füßen in das Zimmer. Der dicke Teppichboden kitzelte sie angenehm an den Füßen. Sie schaltete das Radio ein. Robbie Williams sang. Hmmm, schööön. Sie schlenderte durch ihr Zimmer, legte die Dessous, das Nachthemd, die Pumps zurecht und träumte davon, ein Vamp zu sein. Ihre natürliche Schönheit stand in krassem Gegenstand dazu. Sie sah unglaublich verführerisch aus mit ihren nassen, wirren Haaren und dem weißen Bademantel. Aber sie war sich dessen nicht bewußt. Sie hatte das verlernt. Da klingelte das Telefon. Der Portier wollte Bescheid geben, daß ein Herr Winter wünsche sie zu sehen. Ihr Herz raste, ihr Mund wurde trocken. Sie krächzte: "Er..." - sie räusperte sich - "Er soll doch bitte hinauf in mein Zimmer kommen." Sie griff nach den Dessous, dann nach dem Nachthemd, dann wieder nach den Dessous, stieg in die Pumps, zog sie wieder aus, ließ den Bademantel zu Boden fallen, zog ihn wieder an - suchte das Parfum, strich durch ihre Haare, dachte an den Lippenstift. Da klopfte es an ihrer Tür. Da stand er. Groß, schlank - okay, mit klitzekleinem Bäuchlein - nicht mehr ganz so fülligem Haar aber einem bezaubernden Lächeln und einem erwartungsvollen Blitzen in seinen Augen. "Darf ich reinkommen?" Ganz verlegen den Bademantel oben noch einmal extra zuraffend bat sie ihn in ihr Zimmer. Ihr Herz machte einen 1.000-Meter-Sprint. Mindestens. "Ich - ähm - ich wollte mich gerade - ähm - ausziehen ähm umziehen ..." stammelte sie. Doch da nahm er sie schon in seine Arme, strich ihr sanft über die Haare und küßte sie auf die Nasenspitze. "Mein Kleines.. Endlich haben wir Zeit ganz für uns allein." Sie schmolz dahin und wußte gar nicht mehr, daß sie noch schmelzen konnte bei diesem Mann. Sie war schon lange nicht mehr geschmolzen, eher war sie manches Mal eisig geworden. Verlegen schaute sie ihm in die Augen. Sie errötete. Sie hatte so etwas noch nie gemacht. In einem Hotel. Allein mit ihm. Aber es war so wunderschön. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch stießen sich die Köpfe und ihre Knie fühlten sich an wie nach zuviel Gummitwist. Ein wundervolles Gefühl, so gefühlvoll. Die beiden schmusten und schmusten. Sie dachte an die Dessous, an den Lippenstift, an die Pumps - nichts davon war nötig. Sie war ganz sie selbst und sie fühlte sich schön und begehrenswert. Und das war sie auch. Ganz sanft liebten die beiden sich. Sie versanken ganz ineinander, so wie es schon lange nicht mehr war. Nach Stunden voller Leidenschaft und Hingabe - wie im schönsten Liebesfilm - bekamen sie Hunger. Sie bestellten den Zimmerservice. Kess blieb sie nackt unter der Decke liegen, zog diese bis zur Nasenspitze hoch, als das Essen im Zimmer serviert wurde. Der Kellner schickte ihr einen wissenden Blick, zwinkerte dem Mann zu. Der Kellner verließ das Zimmer und dachte bei sich, daß es doch schade sei, daß so viele ihre Ehepartner betrügen. Aber er erlebte das jeden Tag im Hotel. Sein Ding wäre das nicht, er war seit dreißig Jahren verheiratet und hatte noch niemals eine Affäre gehabt. Gemeinsam machte sich das Liebespaar über die servierten Köstlichkeiten her, dazu schlürften sie Champagner. Sie verschluckte sich und mußte kichern. Die beiden waren albern wie Teenager. Nachdem sie aufgegessen hatten, legten sie sich nebeneinander ins Bett. Er machte das Fernsehen an und zappte durch die Programme. Sie rutschte unruhig hin und her. "Was ist los?" fragte er. "Nichts, nichts..."antwortete sie. "Du hast doch was. Sollen wir uns anziehen und ein bißchen ausgehen?" Inzwischen war es früher Abend. "Vielleicht... gleich..." sagte sie gleichgültig. Er verstand die Welt nicht mehr. Was war plötzlich los? Sollte er das Fernsehen ausmachen? Hatte er etwas falsch gemacht? "Ich.... würde jetzt doch gern....mal die Kinder anrufen, ....ob alles in Ordnung ist", stotterte sie. Er lächelte sie an. Er liebte sie in diesem Moment besonders, die Mutter seiner Kinder. |
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