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Jutta Rotter

Peterl und Bonifazerl

Ich möchte euch heute die Geschichte von Peterl und Bonifazerl erzählen.

Perterl und Bonifazerl waren zwei richtige Lausbuben. Sie tollten herum, stritten manchmal miteinander und waren gleich danach doch wieder die dicksten Freunde.

Aber eine Kleinigkeit unterschied sie von all den anderen Lausbuben auf dieser Welt. Sie waren keine Menschen-Lausbuben sondern Engerl.

Ihre Aufgabe war es, die Wolken am Himmel zu schlichten. Und im Herbst, wenn der Sturm die Wolken besonders heftig durcheinanderwirbelte, hatten Peterl und Bonifazerl alle Hände voll zu tun. Sie ordneten die Wattewölkchen wieder und manchmal bauten sie auch Figuren daraus. Das waren dann die Wolken, die man als kleine Elefanten, Hunde oder Eisstanitzel am Himmel sehen kann.

Hin und wieder schoben sie auch eine Wolke vor die untergehende Sonne. Die bekamen dann eine wunderschön rosarote Farbe und die Menschen auf der Erde freuten sich darüber.

Bei ihrer Arbeit kamen die 2 Engerl hin und wieder auch den Menschen ziemlich nahe. Und obwohl es strengstens verboten war, schauten sie manchmal abends, wenn es dunkel wurde, durch die Fenster in die Kinderzimmer der Menschenkinder.

Und wenn das Menschenkind schon schlief, schlichen sie sich ganz leise hinein und probierten das Spielzeug aus. Im Himmel gab es zwar Spielzeug, aber das war aus Holz und solche Dinge wie Gameboys oder Roboter waren nicht erlaubt.

Peterl und Bonifazerl passten immer besonders gut auf, wenn sie in Menschenkinderzimmern spielten. Denn erstens setzte es ein heftiges Donnerwetter, wenn Petrus sie dabei erwischte, und zweitens wollten sie auch die Menschenkinder nicht erschrecken.

Eines Nachts passierte es aber doch! Peterl spielte gerade mit einem Gameboy und Bonifazerl wurde ungeduldig. Er wollte doch auch unbedingt das neue Spiel ausprobieren. Er riss Peterl den Gameboy aus der Hand. Dabei kam Bonifazerl am Lautstärkeknopf an, und das Spielzeug fing wie verrückt an zu piepsen.

Der Bub, in dessen Zimmer sie waren, wachte auf und schaltete seine Nachttischlampe ein. Er drehte sich um und erblickte die beiden Engerlkinder. Dazu muss man wissen, dass Engerl nicht fliegen können, wenn ein Mensch sie entdeckt. Der Bub schaute die beiden erstaunt an, und die beiden schauten erschrocken zurück. Nach ungefähr einer Minute hatte sich der Bub soweit gefasst, dass er Peterl und Bonifazerl fragte, wer sie waren und was sie denn da machten.

Nun war guter Rat teuer. Die Lausbuben schauten sich an und wussten nicht, was sie sagen sollte. Bonifazerl, der frechere von den beiden, entschloss sich aber dann doch zu antworten.

Er stellte sich vor und erklärte dem Menschenkind, wer sie waren. Er erzählte vom Spielzeugdefizit im Himmel und von Petrus, der sehr böse wurde, wenn er von ihren Ausflügen erfuhr.

Der Menschenbub, er hieß übrigens Lukas, hörte aufmerksam zu. Er war ungefähr gleich alt wie Peterl und Bonifazerl es in Menschenjahre umgerechnet waren. Und da er ein halbwegs netter Bub war, hatte er Mitleid mit den beiden. Denn so wenig Spielzeug zu haben, stellte er sich schrecklich vor.

Lukas stand auf und zeigte den Engerln seine neueste Errungenschaft. Einen Kran mit Fernsteuerung, mit dem man richtig kleine Lasten heben konnten. Die beiden waren zwar noch immer etwas gedämpft, konnten aber dann doch nicht widerstehen. Sie spielten mit. Und sie spielten und spielten, bis die Sterne immer blasser wurden und das Dunkel der Nacht langsam der Morgendämmerung wich.

Nun war es aber höchste Zeit zu gehen. Sie verabschiedeten sich von Lukas und versprachen, nächste Nacht wieder zu kommen. Lukas schloss die Augen, damit die beiden Engerl fortfliegen konnten

Peterl und Bonifazerl schlichen sich ganz leise in den Himmel hinauf. Zum Glück war Petrus nirgendwo zu sehen. Schnell huschten sie in ihre Wolkenbetten und waren gleich darauf eingeschlafen.

Und Lukas? Lukas blieb noch lange am Fenster stehen und sah den Engerlbuben nach. Er hatte zwar jede Menge tolles Spielzeug, aber niemanden, der mit ihm spielte. Denn Lukas war HIV-positiv und die Eltern der anderen Kinder verboten ihren Kindern, mit ihm zusammen zu sein.

Später, viel später, als Peterl und Bonifazerl schon tief schliefen und auch Lukas wieder eingeschlummert war, kam Petrus zu den zwei Engerln. Er deckte sie zu und streichelte ihnen über die Haare. Er hatte sehr wohl bemerkt, was seine Lausbuben so trieben. Und manchmal schien es auch Petrus besser, so zu tun, als ob er nichts sah. Denn ein glückliches Kinderherz hat Vorrang vor allen Vorschriften, sogar im Himmel!!