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Io Salbrechter

Semmelsupercat


Ich besitze eine Katze. Sie ist semmelfarben. Daher heißt sie auch Semmel. In Deutschland würde sie wahrscheinlich Brötchen heißen, in Frankreich Croissant und in Italien Pannina. Aber wir leben in Österreich und deswegen heißt sie eben Semmel.
Bis jetzt hat sich Semmel benommen wie eine normale Katze. Sie frisst nur teures Futter und schreit, wenn sie herein will, um nach fünf Minuten wieder hinauszuwollen. Sie legt sich vor mich auf die Stiege, wenn ich zwei schwere Einkaufstaschen in die Wohnung trage und spielt tote Katze. Sie fängt Vögel und Mäuse und selten eine Ratte. Und manchmal bekomme ich dann auch so ein exklusives totes Geschenk. Das war alles bevor sie sich diese Woche geoutet hat - als Semmelsupercat mit Woll-Lust.
Und das ist so gekommen:

Mittwoch Morgen: Auf unserer Terrasse (im 1. Stock) liegt eine Kinderhaube, die ich nicht kenne, und die Dienstag Abend dort noch nicht gelegen ist. Es ist zwar irgendwie eigenartig gewesen, aber mit drei Kindern hat man so einiges um die Ohren, dass ich nicht weiter darüber nachgedacht habe.

Donnerstag Morgen: Kilians lange vermisster Schal liegt auf der Terrasse - voll mit Blättern und kleinen Zweigen. Nun bin ich glatt ein wenig irritiert, aber ich bin ja einiges gewohnt, also freue ich mich einfach, dass der Schal wieder da ist und stelle keine weiteren Fragen.

Donnerstag Abend: Unsere Katze maunzt vor der Terrassentür und hält ein Stirnband von den Kindern im Maul, das Ildiko beim Aussteigen aus dem Auto am selben Tag ausgestreut hat. Sie trägt es herein und uns präsentiert es uns voller Stolz. Wir haben es dann gegen ein Stück Speck eingetauscht:

Donnerstag Nacht: Sie probiert, einen frisch gebügelten Pullover vom Keller in den ersten Stock heraufzutragen, aber gibt am halben Weg auf. Dort finde ich den Pullover am Freitag in der Früh.

Samstag Morgen: Sie bringt ein Paar Wollsocken von Ildiko aus dem Keller und legt sie vor die Wohnungstüre.

Sonntag Mittag: Sie bringt Kilians roten Handschuh, den er vor der Haustüre verloren hat.

Jetzt ist Sonntag Abend. Der Winter hat eben erst begonnen, und es werden noch viele Wollsachen in unserer Umgebung herumliegen. Vor einer halben Stunde ist Semmel in den Garten gegangen. Ich frage mich, was sie uns diesmal womöglich bringen wird. Hoffentlich nichts von Nachbars Wäscheständer. Es wäre mir irgendwie peinlich.

Obwohl - praktisch ist ihre Woll-Lust irgendwie schon, wenn auch etwas ungewöhnlich.