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Lisa Fitz

Klaviermutter

Der erste Flohwalzer vom Bubi...das ist für eine Mutter ein unvergessliches Erlebnis.
Gut, wenn man´ dann zum fünfzigsten Mal hört, nimmer so... aber man investiert gern.
Es hat einmal wer ausgerechnet, bei aller Liebe, was so ein Kind kostet.
Rein statistisch kostet ein ganz normales, durchschnittliches Kind ohne Förderung,
unbezahlte Arbeit mit eingerechnet, bis zum 18.Lebensjahr 250.000 Euro! 500.000.- DM!
Eine halbe Million - ohne Klavier! Da sagt man natürlich, irgendwann muss sich des rechnen.

Jetzt stellen Sie sich mal vor, als Klaviermutter.... Unter zwanzig Euro keine Klavierstund´ –
und des sind Kleinstadtpreise! Dann die Noten, Klavierstuhl, Fahrten zur Klavierstunde ...
da sagt man, des sind Peanuts, aber des läppert sich, gell.
Später a Keyboard, PC, ein Zweit- PC für „Harddisk Recording“, die Software...
So ein begabtes Kind ruiniert mittellose Eltern! Da is´ einem fast lieber, der kann nix!
Mit zwanzig zieht er aus und das Geld ist weg. Ja, gut.
Und man muss halt auch Einiges aushalten als Mutter... weil die ersten Stücke, die klingen so:

(Nepo spielt ein doofes Kinderstück)

Nein, das ist nicht süß. Das nervt wie Sau nach 3 Stunden! Aber es entwickelt sich ja.
Und wenn Sie dann als Mama bei der ersten Volksschulaufführung in der ersten Reihe sitzen -
und der Kleine im weißen Hemd, mit der Fliege, spielt .... (Nepo will anfangen)
Nein, dann spielt er noch nicht, weil vorher geht es schon ein paar Jahr lang so...
(Nepo Demo penetrant)
Halt, vergessen, vorher kommen noch die Tonleitern!
(Nepo nerviges Demo)

Gut, Sie könnten ein Elektro- Piano mit Dämpfer kaufen und sagen, setz dir die Kopfhörer auf mit dem Schmarrn, aber des geht ja nicht nein, Sie können nicht sagen: (schreit entnervt)
„Hör mit dem Scheiß auf!!!“
Nein, Sie müssen sich dem aussetzen, Sie müssen sagen: „Jaa, schöön!“ Sie müssen loben, damit sich das Kind entwickeln kann.
„Heute war´ s schon besser, Mami, gell?“ „Ja, viel besser, Bubi, freilig!“

Im Prinzip ist es scheißegal, was er spielt, weil auch nach dem zweihundertsten Mal <Für Elise> würden Sie ihm am liebsten den Kochtopf rüberschmeißen.
(Schreit) Ich kann es nicht mehr hören!! Spiel Great balls of fire, spiel Johnny B.Goode, spiel
What I´d say, play the hell what you want, but stop that damned fucking shit called “Pour Elise” !!!
Booohh! Da ist man nur mehr froh, dass er nicht Posaune spielt! Grauenhaft!

Aber dann kommt der Moment, so mit dreizehn, vierzehn, bei der Abschlussfeier vom Gymnasium vor den Ferien ...alle sind da, auch die Omas mit den neuen Handtaschen und den Stützstümpfen, verstehen Sie..... und man sitzt - und hört:
(Nepo spielt Czerny)
Dann gibt’s einem doch wieder einen Schub, dann weiß man, wofür man gezahlt hat.
Natürlich, jetzt schimpfen Sie wieder und sagen: „Ja , denkt jetzt die ollawei nur ans Geld?“
Ja. Zahln Sie des? Eben. Ans Geld denkt meistens der, der´ s zahlen muss.

Und als alleinerziehende Mutter, wo mit dem Vater nicht wesentlich zu rechnen ist, tröstet man sich auch noch damit, dass das Männchen in der Natur seine Vaterfunktion auch nur partiell einnimmt, bei de Viecher beschränkt sich die Vaterrolle auf´s Schnaxeln - ist bei den Menschen ja oft auch nicht viel anders. Aber dann... dann kommt der Tag, wo Sie wissen, es hat sich gelohnt!

Nepo spielt RONDO ALLA TURCA

Da geht Ihnen so was von das Mutterherz auf, natürlich platzen Sie fast vor Stolz!

Ein Jahr vorher ist der Bub gekommen und hat sich beschwert: „Alle haben schon eine Freundin.... ich hab immer noch keine...!“
Na sagen Sie: „Jetzt wart halt Bubi, des wird schon, jetzt tust a bissl Klavier üben - und die paar Bussi und des Gepuder, des kann doch bis nächstes Jahr warten....“
Und dann hält er durch und spielt auch so schön... und des merken natürlich andere weibliche Wesen auch, nicht nur die Mutter, dass der gut spielt.
„Mei, host an Nepo ghört, der is ja megaschnucklig....wenn er spielt, hast des scho moi gsehn,
na kriegt er immer so rosa Ohrlapperl –super-super- süß!!
Und dann kommt sie: Die Schneckenplage....Blonde Schnecken, braune Schnecken, rote Schnecken, große Schnecken, kleine Schnecken dicke Schnecken, dünne Schnecken, dumme Schnecken! Im Prinzip finanzieren Sie als Mutter nur seinen Erfolg bei den Schnecken.

Und des Schlüsselerlebnis war dann: Geh ich ins Wohnzimmer... na sitzt der da mit so einer Schnecke...und grad war´ s noch mein Burle, gell...jetzt sitzt der da mit so einer Schnecke, die süß war, nichts zu sagen, sitzt er im Wohnzimmer und - sonst is er immer in mei´ m Arm g´ legen, hab ich so den Arm rum g´ habt, hamma fernsehgschaut -Plötzlich sitzt er im Stuhl, hat den Arm um die Schnecke und die lehnt sich an ihn an! Das war der Tag der abgefahrenen Züge..... Das war ein Schlüsselerlebnis, also, des war nicht einfach für mich! Mein Gott, der Kleine, da erinnert man sich noch an alle Einzelheiten der Geburt und dann isser 20 und geht aus dem Haus. Da geht er hin, mein Fleisch und Blut....

Und dann stellt er mir endlich amal so eine Schnecke vor und ich sag:
„Grüß Sie, Fräulein Elvira, schön, dass mir uns amal kennen lernen“. Na sagt die:
„I woaß net... mit de Mütter vo Söhne hab i´s net so...“

So ein Gehirn kommt laut Wissenschaft mit fünfzig Prozent Basisleistungen zur Welt,
das heisst, die Hälfte ist von mir!!! Klar kommt´ s drauf an, was man aus diesen Grundlagen macht,
wie man sie perfektioniert, des sind praktisch unbegrenzte Kapazitäten.
Aber was ich damit sagen will:
Zwischen dem depperten Flohwalzer und dem Rondo liegen mehrere hunderttausend Euro,
Dutzende von Nervenzusammenbrüchen, Zeit und Liebe, Zuhören, Beratung....
So bled kann nur a Mama sei...!
Normalerweise müssert ma vom Einkommen seines Sohnes Prozente verlangen.
Rein rechnerisch g´ sehn, rechnet sich des ja net. Nur damit man später sagen kann: Mein Sohn ist Pianist oder so? Is doch mir wurscht....
Mein Gott, der Kleine.... jetzt isser groß - und schneckt weg


Nepo rockt GREAT BALLS OF FIRE


copyright by Lisa Fitz

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www.lisafitz.de

www.fitzandfriends.de