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Tanya Munsche
mit freundlicher Genehmigung der "Bild der Frau"
erschienen am 10.05.2004

Machen Kinder glücklich?


"Ja! Das Heranwachsenen meiner Kinder zu sehen ist ein Wunder und eine
tiefe Erfahrung. Eine Karriere kann dieses Glück nicht ersetzen. Auch
wenn es natürlich mal Schwierigkeiten gibt: Familie ist Leben pur und
Kinder eine Liebesergänzung zum Partner. Ohne meine Kinder hätte ich
mich nicht zu dem Mensch entwickelt, der ich heute bin."

Und je mehr desto besser?

"Eigentlich schon. Wer sich für ein Kind entscheidet" kann auch gleich
das zweite bekommen. Denn schon eins krempelt das Leben total um. Und
spätestens mit dem dritten fällt ein Teil der Erziehung weg, weil die
Kinder sich ihr eigenes Sozialsystem schaffen. Sie lieben, streiten,
trösten sich. Mehrere, kleine Kinder sind anstrengend, aber sie ergänzen
sich und machen Erfahrungen, die Einzelkindern verwehrt bleiben.
Andererseits sind die Bedingungen für Familien heute so schlecht, dass
viele Menschen sich mehrere Kinder gar nicht leisten können."

Zum Beispiel?

"Mich stört dieses Märchen, dass beruflich und finanziell gut gestellte
Menschen immer bringen: "Ach, ich bekomm das Baby erstmal und dann
sehen wir weiter." So ein zynischer Schwachsinn. Im realen Alltag können
Großfamilien nicht mal mit allen Kindern in die Eisdiele gehen, ohne
gleich ein Vermögen auszugeben. Geschweige denn ins Kino oder Museum.

Warum ist das so teuer?

Familien brauchen aktive Hilfe. Warum ist man nicht flexibler und kreativer
und lässt Kinder beispielsweise kostenlos öffentliche Verkehrsmittel
benutzen?

Aber ist gemeinsame Zeit miteinander nicht wichtiger als Geld?

"Ja, natürlich. Aber die Vorstellung, dass eine Mutter, der das Hals bis
zum Wasser steht, weil sie nicht weiß, wie sie ihre Rechnungen bezahlen
soll, ihren Kindern abends gemütlich Bücher vorliest, ist doch absurd.
Sie muss arbeiten. Weil sie zu wenig Unterstützung bekommt. Familien
werden in Deutschland total ausgebeutet. 3 Millionen Kinder leben in
Deutschland in Armut. Ab 2005 wird jedes 3. Bremer Kind von Sozialhilfe
leben. Politiker bekämpfen nicht Kinderarmut sondern Kinderlosigkeit.
Weil ja jemand die Sozialkassen füllen muss..."

Das Bundesfamilienministerium will die Betreuungsplätze ausbauen.
Ein guter Anfang?

"Ja, aber auch nicht viel mehr. Es werden Millionen in die Betreuung von
unter 3-Jährigen gesteckt. Das ist doch lächerlich. Was ist mit den
anderen? Warum wird unser Schulsystem nicht überarbeitet? Wann gibt’s
endlich verlässliche, einheitliche Schlusszeiten wie in Spanien? Wenn
dort ein Lehrer krank wird, gibt es selbstverständlich Ersatz. Und wenn
ein Kind Sprachprobleme hat, stellt die Schule automatisch einen
Logopäden. Weil man Kinder fördern will. Guter Musikunterricht kostet 12 Euro
im Monat für drei Stunden pro Woche. Und sozial schwache Kinder können
für 20 Euro im Monat jeden Tag in der Schule essen. Wir können und müssen
noch viel von unseren europäischen Nachbarn lernen."