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Tanya Munsche
mit freundlicher Genehmigung der "Bild der Frau"
erschienen am 12.01.2004

Wir müssen endlich lernen, zusammenzuhalten!

Benachteiligung im Alltag - wo beginnt das für Sie?
"Warum ist es in Ordnung, wenn sich ein alter Knacker in eine 25-Jährige
verliebt - und umgekehrt total verpönt? Das sagt doch alles über das
Bild von Frauen. 1992 wurde in der UN-Weltmenschenrechtskonferenz in
Wien schriftlich bestätigt, dass Frauen auch Menschen sind. Ich frage
mich: Was waren wir vorher? Es kann doch nicht sein, dass sich noch vor
zwölf Jahren Männer ernsthaft hingesetzt haben, um das festzuhalten. Das
zeigt: Wir sind nicht gleichberechtigt."
Auch finanziell nicht?
"Nein. Jede 5. Frau in Deutschland bekommt eine Rente unter 300 Euro!
Weil Frauen früher selten berufstätig waren und sich um die Kinder
gekümmert haben, werden sie bis heute benachteiligt, ihre Leistungen
nicht anerkannt. Sie haben sich leider von ihren Männer abhängig
gemacht. Bei einer Trennung werden sie dann häufig zum Sozialfall. Durch
die schlechten Betreuungsmöglichkeiten haben wir immer noch nicht die
Wahl, zu entscheiden ob wir beruftätig sein wollen oder nicht. Hinzu
kommt, dass typisch 'weibliche', also soziale, Berufe auch extrem
schlecht bezahlt werden."
Frauenfeindlichkeit ist weltweit ein Problem...
"Ja. Nach einer UNO-Studie verrichten Männer weltweit 1/3 der Arbeit,
bekommen aber 90 Prozent der gezahlten Löhne. Ihnen gehört 99 Prozent
des Weltvermögens! Total ungerecht. Immerhin sind 51 Prozent aller
Menschen Frauen! Wir sind viele, aber wir sind immer noch so blöd uns
als weniger wertvoll abstempeln zu lassen."
Aber in Deutschland gibt es doch genügend erfolgreiche Frauen!
"Und viele beruflich erfolgreiche Frauen übernehmen dann die Haltung von
Männern und schauen auf Hausfrauen herab. Diese Stutenbissigkeit ist
mehr als traurig. Es wird sich nur etwas ändern, wenn wir Frauen
zusammenhalten. Wir müssen aufhören, uns zu bekämpfen. Und wir müssten
aufhören zu jammern."
Was stört Sie am meisten am heutigen Frauenbild?
"Wer das Stichwort 'Hausmann' im Internet eingibt, findet Eigennamen.
Unter 'Hausfrau' kommt man auf unzählige Sexseiten. Das ist das Bild,
das in den Medien von uns vermittelt wird: Entweder Luder, schöne
Püppchen oder brave Mutties. Diese Abstempelung macht mich wütend! Wir
dürfen uns das nicht gefallen lassen! Entscheidend ist: Nicht reden,
sondern umzusetzen. Auch in kleinen Dingen."
Zum Beispiel?
"Warum glauben wir alle, schlank und schön sein zu müssen? Kein Mann
schämt sich für seine Wampe. Wir aber lassen uns hetzen. Die Werbung
lügt uns vor, wir müssten die Natur bekämpfen. Wer alt ist, hat Falten.
Na und? Viele Frauen sind unsicher in sich selbst und in ihrer Meinung.
Dagegen kann jede Einzelne etwas tun. Wir müssen uns aus dem Knast im
Hirn befreien, unsere Komplexe loswerden."
Was raten Sie einer Frau, die weniger verdient als ein gleichgesteller
Kollege?

"Ich kann in diesen Zeiten nicht raten: Wehr dich. Weil sie im
Zweifelsfall den Job verliert. Eine Einzelne ist oft zum Schweigen
verdonnert, aber alle Kolleginnen gemeinsam können etwas bewirken.
Frauen, die nichts gegen Ungerechtigkeiten sagen, tragen selbst eine
Teil-Schuld."
Wird die nächste Generation gleichberechtigter leben?
"Wie denn? Wir vermitteln ja keine Werte mehr. In Märchen sind Frauen
schön oder böse. Im Fernsehen gehts nur um Äußerlichkeiten. Unsere
Töchter haben ausschließlich das heißeste Outfit im Kopf. Grauenhaft!
Nichts gegen Freizügigkeit, aber in Sachen Emanzipation machen wir
Rückschritte. Wir müssen aufwachen!"
Wie wäre es mit einer Frauenrevolution?
"Ich plane einen Streik, der kommt irgendwann. Mit Männern eine
Revolution zu starten, wäre kein Problem. Eine Frauenrevolution ist viel
schwieriger. In unseren tiefsten Urinstinkten wollen wir die Gute sein.
Zudem machen wir uns gegenseitig fertig. Schluss damit! Nur durch mehr
Frauen-Solidarität, wird´s irgendwann Gleichberechtigung geben."