Gudrun Schilken, 44, aus Warstein ist Ehefrau, Hausfrau, Mutter von drei Söhnen und - seit zwei Jahren - mit Leib und Seele "Hausfrauenrevolutionärin" Von Elena Rudolph teilweise erschienen in BELLA am 23.9.04 Heft NR. 40 (bei uns wie immer das Original) Früher hat sich Gudrun Schilken, 44, manchmal regelrecht für ihren Beruf geschämt. Heute ist sie stolz auf das, was sie tagtäglich als Hausfrau, Ehefrau von Peter, 48, und Mutter von Philip, 17, Maximilian, 15, und Nick, 6, leistet. Einen Großteil ihres "neuen Selbstbewusstseins" verdankt die Warsteinerin ihrer aktiven Mitarbeit bei der "Hausfrauenrevolution" einem Internetforum, das sich für mehr Anerkennung und mehr Rechte für Hausfrauen einsetzt. Natürlich finde ich als "Nur-Hausfrau" hin und wieder einmal Zeit, um mit einer Freundin eine Tasse Kaffee zu trinken. Entgegen der noch immer herrschenden Vorurteile geht es dabei meist aber alles andere als gemütlich zu. Eine Hausfrau und Mutter, die ihren Job Ernst nimmt, ist beruflich nämlich mindestens genauso eingebunden, wie ein Top-Manager. Mir bleibt deswegen oft nur ein halbes Stündchen, bevor ich zu meinem nächsten "Termin" weiterhetzen muss. Entweder, um einen meiner Söhne Philip, 17, Maximilian, 15, und Nick, 6, vom Fußball- oder Leichtathletik-Training abzuholen oder um einen von ihnen zum Klavierunterricht zu chauffieren. Vielleicht wartet Zuhause aber auch gerade einer meiner Männer auf sein spätes Mittagessen. Oder ein Handwerker muss dringend eingelassen werden. Sicher ist nur eines: Irgendwas ist immer. Ich finde, Freizeit, Zeit für uns selbst, ist genau das, wovon wir Hausfrauen ganz eindeutig viel zu wenig haben. Das Ausmaß an Arbeit, das eine Hausfrau hat, kann sich ein Nicht-Betroffener, glaube ich, gar nicht vorstellen. Mit Kochen, Bügeln und Putzen allein, ist es doch bei weitem nicht getan. Eine "gute" Hausfrau ist ja nicht nur Ehefrau und Mutter, Putzfrau und Köchin, sondern eben auch Seelsorgerin, Krankenschwester, Gärtnerin, Chauffeurin, Event-Veranstalterin, Erzieherin, Sekretärin, Ernährungsexpertin, Psychiaterin, Inneneinrichterin, Pädagogin, Buchhalterin, Lehrkraft und vieles, vieles mehr. Eine gute Hausfrau setzt ihre Kinder abends nicht bloß vor den Fernseher, damit sie endlich Ruhe hat, sondern versucht, ihnen ein echter Gesprächspartner zu sein. Deshalb verbringt sie ihre Vormittage nicht nur mit Shopping, auf dem Tennisplatz oder bei einem netten Plausch am Telefon. Sondern sie kümmert sich. Setzt sich ein. Und, ganz wichtig: Sie bildet sich fort. Indem sie ihre Nase in alle Angelegenheiten steckt, die ihre Familienmitglieder gerade beschäftigen. Ich lese zum Beispiel sehr viel. Erziehungsratgeber, Bücher über Kinderpsychologie, manchmal aber auch die Schulbücher meiner Söhne. Und fast immer die Fachzeitschriften meines Mannes. Wie sollte ich sonst verstehen, worüber Peter spricht, wenn er abends nach Hause kommt? Kurzum: Hausfrau ist, wie ich finde, ein ernst zu nehmender Beruf und sollte dementsprechend auch gewissenhaft ausgeführt werden. Auch wenn das ganz schön anstrengend sein kann. Trotzdem bin ich durchaus gerne "Nur-Hausfrau". Das Leben als "Nur-Hausfrau" hat ja nicht nur Schattenseiten. Im Gegenteil: Es gibt viele wunderbare Momente, in denen mir bewusst wird, wie wichtig, wie sinnvoll mein Engagement ist. Wenn ich sehe, wie schlau, wie selbstbewusst und lebenstüchtig meine Söhne inzwischen sind, dann bin ich sehr stolz. Ich weiß, dass ich meine Familie sehr glücklich mache, indem ich so gut für sie sorge. Es macht mir Spaß mich mit ganzem Herzen auf sie einzulassen. Schlimm finde ich es aber, dass Hausfrauen, für das, was sie leisten, in der Gesellschaft noch immer so wenig Anerkennung ernten. Es ärgert mich maßlos, dass der Hausfrauen-Beruf nach wie vor ein so schlechtes Image hat. Mal ehrlich: Wir sollen andauernd andere für ihre Job-Erfolge bewundern. Aber wer klopft uns eigentlich auf die Schultern, wenn wir stundenlang die Fenster geputzt haben? Oder einen Himalaya-hohen Bügelwäscheberg beseitigt haben? Niemand. Neulich bin ich richtig zornig geworden, als mir jemand erzählte: "Du, tut mir echt leid, aber ich muss jetzt los, ich muss schließlich morgen arbeiten." Da dachte ich: "Aha, und was glaubst Du, mache ich morgen?" Geradezu grotesk finde ich es, das wir Hausfrauen nicht nur keine "finanzielle Kompensation" für unsere Arbeit erhalten, sondern vor allem auch keinerlei Sozialleistungen. In jedem anderen Job haben die Menschen geregelte Arbeitszeiten, freie Wochenenden, bezahlten Urlaub und Anspruch auf Krankengeld. Wir haben nichts von all dem. Und: Wir bekommen noch nicht einmal eine Rente. Ich finde das schreit zum Himmel. Vor Kurzem habe ich mir einmal ausrechnen lassen, wie hoch meine Rente sein wird: Noch nicht einmal 300 Euro! Dabei habe ich mein Leben lang gearbeitet. Das ist doch nicht gerecht! So richtig bewusst ist mir das alles erst geworden, seit ich mich der "Hausfrauenrevolution" angeschlossen habe. Angefangen hat das im November 2002 als mein Mann mir eines Morgens am Frühstückstisch die "Welt am Sonntag" herüber schob mit der Bemerkung: "Hier lies mal." Es war ein Artikel von Gerhard Meir, dem Promi-Friseur. Er handelte von Marie Theres Kroetz-Relin und ihrem Internetforum. Gleich der erste Satz "Hausfrauen aller Länder, vereinigt euch!" traf mich mitten ins Herz. Da war jemand, der endlich aussprach, was ich schon lange so empfand. Unmittelbar nach der Lektüre des Artikels drängte ich mich vor den staunenden Augen meiner Kinder an den PC und tippte vorsichtig www.hausfrauenrevolution.com in die Tasten. Ich schrieb schüchtern, ob ich wohl auch mitmachen dürfte bei der Hausfrauenrevolution. Natürlich durfte ich… Seitdem bin ich eigentlich 24-Stunden täglich Online. Ich schreibe und empfange E-Mails nach und aus ganz Deutschland. Ich kommuniziere mit Hunderten von Frauen, denen es genauso geht, wie mir. Mit ihnen tausche ich mich aus. Wir helfen uns gegenseitig. Mit Rat und Tat. Die Hausfrauenrevolution hat mein Leben sehr bereichert. Ich habe dort auch angefangen Kolumnen zu schreiben. Acht meiner Geschichten aus dem Hausfrauenalltag erscheinen jetzt im Oktober sogar in dem Buch "If pigs could fly", dem ersten Buch der Hausfrauenrevolution. Das Schreiben ist für mich sehr wichtig geworden. Natürlich stellt meine Familie noch immer meinen Lebensmittelpunkt dar. Aber als Hausfrau braucht man eben auch unbedingt Freiräume zum Auftanken, sonst macht das Ganze irgendwann keinen Spaß mehr. Eine Mutter sollte sich, wie ich finde, sowieso rechtzeitig darüber Gedanken machen, was mit ihrem Leben passieren soll, wenn die Kinder aus dem Haus gehen. Und für diese Zeit vorsorgen, indem sie sich ein Interessengebiet oder Hobby sucht, damit sich nicht plötzlich ein tiefes Loch vor ihr auftut, wenn sie nicht mehr so akut gebraucht wird. Es ist schon komisch, aber seit ich mir über das, was mich an meinem Hausfrauendasein so stört oder lange gestört hat im Klaren geworden bin, sehe ich viele Dinge schon viel gelassener. Ich weiß jetzt, dass ich nicht alleine mit meinen Problemen dastehe. Dass es vielmehr sehr vielen Frauen so geht, wie mir. Dadurch relativiert sich gleich eine ganze Menge. Durch mein "Schriftstellertum" habe ich außerdem endlich ein Outlet für mein Kreativitätspotential gefunden. Das ist ganz besonders wunderbar. Zu tun hatte ich ja eigentlich immer genug, aber mir war oft "langweilig im Kopf" und ich wusste manchmal nicht, wohin mit meinen Energien. Als Fulltime-Hausfrau, litt ich zudem mitunter am "Hausfrauenkomplex", weil ich eben "nur die Hausarbeit und Kindererziehung machte, meinem Mann relaxen und Kraft tanken half". Wenn mich jetzt jemand fragt, was ich beruflich mache, dann sage ich nicht mehr verschämt ich sei "nur Hausfrau." Stammelnd und nach Erklärungen für meine ausschließliche Mutter- und Hausfrauentätigkeit ringend. Dann sage ich ganz laut: "Ich bin Hausfrau und ich mache bei der Hausfrauenrevolution mit!" und dann lege ich richtig los und erzähle denen, was wir da alles so treiben. Mit freundlicher Genehmigung von Elena Rudolph und BELLA |
|||